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Willst du mich heiraten? oder: Das Motiv der Verlobung in Liebesromanen

Es ist vermutlich kein Geheimnis, dass ich sehr gerne lese. Wenn ich gerade in der Uni sehr viel zu tun habe und mitten in einem Schreibprojekt stecke, greife ich am liebsten auf Liebesromane zurück, weil sie keine komplexen neuen Welten erschaffen, meistens nicht um Leben und Tod gehen und ich in den meisten Fällen nicht aktiv mitdenken muss. Liebesromane werden oft als leichte Kost dargestellt und viele sind es auch. Sie eignen sich super zum Zwischendurchlesen und einfach abschalten, ohne sich großartig eindenken zu müssen. Das ist keines Falls abwertend gemeint, es ist lediglich eine Feststellung und auch wenn es nicht um Leben und Tod geht, sind Liebesromane meistens die Bücher, bei denen ich am emotinalsten bin.
Als Autor für Liebesromane, die in unserer Welt spielen, fallen einige Schwierigkeiten weg, denen sich Fantasyautoren gegenübergestellt sehen. Da ich auch schon den ein oder anderen Liebesroman geschrieben habe und mich ausprobieren konnte, achte ich beim Lesen automatisch mehr darauf. Zum Beispiel fällt das World Building fast komplett weg und auch muss man sich keine Gedanken um das Erstellen einer neuen Gesellschaftsform oder ähnliches machen. Aber genau das ist gleichzeitig eine Erleichterung sowie Erschwernis. Statt dem Vorstellen einer neuen Welt und einer anderen Gesellschaft ist dem Leser vieles schon bekannt und es dreht sich sehr detailliert um die Geschichte und die Personen an sich. Die zwischenmenschlichen Probleme stehen mehr im Fokus, als in anderen Büchern, und es kann passieren, dass sich Figuren über Kapitel nur streiten oder missverstehen. Der Fokus liegt nicht darauf, die Welt zu retten, sondern dass ein Pärchen zusammen kommt oder bleibt. Der Konflikt innerhalb des Buches blickt also auf die Beziehung und auch hier gilt es diesen Konflikt am Ende des Buches aufzulösen.
Vor allem in den letzten Monaten ist mir aufgefallen, dass Autoren diesen Konflikt sehr gerne mit einer Verlobungen (oder Hochzeiten) auflösen. Vor allem in Weihnachtsgeschichten ist dieses Motiv sehr beliebt, doch auch in vielen New Adult-Büchern ist das Pärchen am Ende verlobt oder steuert auf die Hochzeit hin. Entweder wird dieses Motiv immer beliebter oder ich lese aus Zufall immer mehr Bücher, die darauf hinauslaufen.
Dabei sind mir jedoch 2 Dinge aufgefallen, die in erstreckend vielen Büchern zu finden waren, doch mich als Lesern eher gestört haben:

Verlobung als Lösung für alles

Heiraten oder sich verloben ist eine wunderschöne Sache und sich gegenseitig zu versprechen für immer zusammen bleiben zu wollen, ist nicht nur in Büchern total romantisch, doch nicht immer kann das die Auflösung des Konflikts sein. Wenn der Streit oder das Missverständnis eigentlich nicht dadurch gelöst ist, dass die zwei verlobt sind, passt es nicht.
Ich habe vor einer Weile ein Buch gelesen, das ziemlich gut war. Die Geschichte hat mich gepackt und mitfühlen lassen, die Charaktere waren sehr gut designt und hatten eine interessante Backstory, doch die Lösung des Konflikts war die Verlobung. 500 Seiten lang wurden Bindungsängste, Beziehungsunfähigkeiten und Kommunikationsmangel thematisiert und plötzlich sollten alle Probleme durch eine Verlobung verschwunden sein. Das Pärchen hatte sich zu diesem Zeitpunkt mehrfach voneinander getrennt (das eine Mal sogar, weil er ihr einen Antrag machen und sie sich nicht binden wollte) und permanent aneinander vorbeigeredet.
An so einem Punkt ist die Verlobung nicht die Lösung. Es ist ein Schritt, der weiter in eine gute Richtung geht, doch die Misskommunikation, Beziehungsunfähigkeit und die Bindungsängste verschwinden nicht einfach, nur weil man einen Ring am Finger trägt.
Sinnvoller wäre die unromantischere Lösung einer Paartherapie oder auch nur dem gegenseitigen Eingestehen, dass beide Probleme haben und das Bereit-Sein (zusammen) daran zu arbeiten. Die Verlobung war zwar romantisch – ohne Frage – und es war ein nettes Ende, doch die Probleme und die Streitpunkte wurden am Ende nicht aufgelöst, sondern waren nach wie vor immer noch vorhanden und theoretisch noch vertiefter, weil nur 100 Seiten zuvor die Hauptperson sagte, dass sie niemals heiraten wolle.

Verlobungen als Auflösung des Konflikts innerhalb eines Romans funktioniert. Jedoch nur, wenn die Verlobung wirklich die Probleme aus dem Weg räumt. Beispielsweise ein Romeo und Julia Szenario, in der die beiden sich entscheiden am Ende mit ihrer Familie zu brechen und durchzubrennen (nur dass es in der Geschichte klappt und nicht am Ende beide tot sind). Durch das Durchbrennen fällt der Konflikt (die Familie, die gegen die Beziehung ist) weg und bietet die Möglichkeit der gemeinsamen Zukunft. Doch auch hierbei ist die Verlobung bzw. die Hochzeit nicht das Element der Auflösung des Konflikts, sondern das zusammen Weglaufen.

Die falsche Umsetzung der Verlobung

Auch hier möchte ich wieder ein Beispiel heranziehen. Es geht um ein Pärchen, das viele Jahre gegen die äußeren Schwierigkeiten kämpft, die ihre Beziehung mit sich bringt (sie haben einen großen Altersunterschied, die Eltern akzeptieren die Beziehung nicht und es gibt immer wieder Menschen und Dinge, die sich zwischen sie drängen wollen). Im zweiten oder dritten Teil – ich bin mir nicht mehr sicher, ich habe alle vier Bücher innerhalb weniger Wochen gelesen – verlobt sich das Pärchen endlich. Als Leser habe ich sehr lange darauf gewartet und dramaturgisch ergab es Sinn. Es ist nicht die Lösung des Konflikts, sondern der nächste Schritt in ihrer Beziehung, den sie beide gehen wollten. Doch etwas anderes hat mich extrem gestört. Dieses Pärchen, das seit Anfang an am Existenzminimum lebte und es kaum schaffte, die Miete zu bezahlen, ging in einem Luxusrestaurant essen und der Ring war sicherlich mehrere Monatsgehälter wert.
Als ich das gelesen habe, fand ich es süß, dass er lange gespart hat, um ihr diese Verlobung bieten zu können und mir ist klar, dass vermutlich fast jede Frau eine romantische Verlobung will, aber wichtig ist trotz allem, dass die Verlobung zu der Beziehung passt. Ein Pärchen, das kaum Geld hat, kann auch eine romanische Verlobung in den eigenen vier Wänden haben mit Wein, romantischer Musik, einem leckeren selbst gekochten Essen usw. Man muss die Verlobung nicht in einem Luxusrestaurant spielen lassen, damit es romantisch wird. Als Autor von Liebesromanen sollte man in der Lage sein, romantische Situationen ohne größere Schwierigkeiten entstehen zu lassen. Während des gesamten Essens habe ich mich nur gefragt, woher er das Geld hatte und wann er sie endlich fragt. Es gab keinerlei Überraschung bei der Verlobung. Es muss natürlich nicht überraschend kommen, doch in vielen Fällen ist es eine sehr gute Gelegenheit für einen kleinen Plottwist.
Die Verlobung muss zum Pärchen passen. Wenn das Liebespaar Couchpotatos sind, dann erwartet kein Leser, dass sie sich bei einem Fallschirmsprung verloben. Mit diesen Gegensätzen kann ganz bewusst gespielt werden, aber wenn der Leser sich nur fragt, wo das Geld herkommt oder wieso es genau so passieren musste, ist es nicht gelungen.
Hat das Pärchen einen besonderen Ort oder einen Insider kann ganz bewusst damit gespielt werden. Ein Pärchen, das kein Kitsch mag, sollte auch keine kitschige Verlobung haben und ein Pärchen, das auf große Gesten setzt, wird sich nicht an einem langweiligen Samstagabend in einer Werbepause zwischen einem Film fragen, ob sie heiraten wollen.
Es ist wichtig zu wissen, was zu dem Liebespaar passt und welche Umsetzung sinnvoll ist und auch zu den äußeren Umständen passt.

Verlobungen können etwas überaus romantisches und herzergreifendes sein, wenn sie richtig eingesetzt werden. Dabei sollte man nur darauf achten, dass es zu dem Pärchen passt und nicht das Allheilmittel für den Plot ist.

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Mythos: Debütroman

Mein Debütroman ist seit mittlerweile etlichen Monaten veröffentlicht und die Arbeit an anderen Projekten voll im Gange. Trotzdem ist das Debüt ein kleiner Meilenstein, den vermutlich jeder Autor feiert oder sich zumindest gerne daran zurückerinnert.
Die Frage, seit wann ich Geschichten schreibe, ist wohl eine der Frage, die mir am häufigsten gestellt wird. Und die Antwort ist simple: schon immer. Mittlerweile umfasst dieses „schon immer“ bereits 14 Jahre, in denen ich mich mal mehr und mal weniger intensiv mit Schreiben beschäftigt habe.
Deswegen irritiert es mich manchmal, wenn ich gefragt werde, ob mein Debütroman „Die Mädchen von Feenis Alberon“ das erste Buch war, das ich geschrieben habe.
Die Antwort kurz und knapp: nein, es war nicht mein erstes Buch.

Ich habe diese Frage mal auf Twitter weitergeleitet und gefragt, ob der Debütroman das erste geschriebene Buch der Autoren war und auch wenn die Umfrage mit nur 68 Teilnehmern noch lange nicht repräsentativ ist, bildet sich eine leichte Tendenz ab.

40% der Beantworter gaben an, dass ihr Debütroman nicht ihr erstes Buch war, 26% sagte jedoch, dass es ihr erstes Buch war.
Die Tendenz ist sichtbar und auch wenn ich mit anderen Autoren rede, habe ich das Gefühl, dass die häufigste Antwort ein ‚Nein‘ ist.

Die nächste Frage, die sich mir dann ergibt, ist, wie viele Bücher sie vorher geschrieben habe, bevor sie ihr Debütroman veröffentlicht haben. Auch hier ist die Tendenz wieder erkennbar, jedoch nicht deutlich. Ca. 40% gaben an, dass sie 2 oder 3 Bücher bereits geschrieben haben, jeweils 27% sagten, dass sie entweder eins oder 7 (oder mehr) geschrieben haben.

Aber was heißt das jetzt? Schreiben für die Schublade?

In einem Schreibprojekt steckt viel Arbeit. Vor allem am Anfang, wenn man sich noch mit allem unsicher ist und das Schreibtempo auch noch verbessert werden kann. Bei meinem ersten längeren Schreibprojekt, das über die Planungsphase hinausging, habe ich noch fast eine Stunde für 500 Wörter gebraucht, wohingegen ich mittlerweile bei meistens 2.000 Wörter/Stunde bin.
Geschichten, die wir Autoren schreiben, faszinieren uns und wollen raus. Und trotzdem ist die Vorstellung für die Schublade zu schreiben, nicht wirklich schön. Immerhin steckt Herzblut, Arbeit und Unmengen an Zeit in der Umsetzung.

Doch auch wenn Schreiben ein Handwerk ist, das geübt werden muss, heißt das nicht, dass das erste Buch schlecht ist. 80% der Autoren, dessen erste Werke in der Schublade gelandet sind, sagten an, dass es sich so ergeben hat. Und auch ich reihe mich dort ein.
Bevor ich mein erstes Buch veröffentlicht habe, hatte ich bereits zwei geschrieben. Das erste war nur für mich, um mir zu beweisen, dass ich schreiben kann und vor allem, dass ich auch ein Projekt beenden kann. Das zweite wollte ich veröffentlichen, befand es jedoch nicht für gut genug. Mittlerweile habe ich einen zweiten Entwurf zu jenem zweiten Projekt geschrieben. Ihr kennt es vielleicht als Projekt Nymphe 😉
In den meisten Fällen ist es kein aktives Schreiben für die Schublade, sondern es ergibt sich. Niemand hält einen davon ab, die Projekte später nochmals hervorzukramen, zu überarbeiten und dann doch zu veröffentlichen.

Wie kann man das umgehen?

Die Frage habe ich mir auch lange gestellt. Ich liebe schreiben, aber ich wollte nicht ein Projekt nach dem anderen der Schublade überlassen und schlussendlich in 5 Jahren immer noch unveröffentlicht sein.
Das Handwerkliche: schreiben. Der beste Weg, sich im Schreiben zu verbessern, ist es immer wieder zu tun, bis man mit seinem Schreibstil zufrieden ist. Ich habe dafür lange Zeit Bücher gelesen und überlegt, was ich an den einzelnen Stilen mag und was nicht. Ich habe viel davon imitiert und übertragen, bis ich meine Schreibstimme gefunden hatte. Hilfreich können auch Kurzgeschichten sein, in denen man andere Stile ausprobiert, um zu sehen, was einem am besten gefällt.
Die Planung: Plottwists, Midpoint, usw. Das alles muss geplant werden (vorausgesetzt man ist ein Planer) oder zumindest sollte man als Autor ein Gefühl dafür haben. Mir sehr geholfen haben die (Online)Ratgeber vomschreibenleben.de und schriftsteller-werden.de.
Aber auch wenn per Definition ein Roman ein Buch ab 50.000 Wörtern ist, hält niemand einen davon ab, kürzere Texte zu schreiben (z.B. mit einem Umfang von 25.000 Wörtern). Mir hat es geholfen ein Gefühl für Szenen, Spannung, Personenkompositionen und dem Spannungsverlauf zu bekommen. Diese Texte sind dann relativ kurz und man sitzt bei der Überarbeitung nicht vor einem riesigen unüberwindbaren Papierstapel, der kein Ende zu haben scheint.

Nochmal in Kürze: viele Autoren veröffentlichen nicht ihr erstes geschriebenes Buch. Meistens ergibt sich das und kann daran liegen, dass Schreiben und Planen geübt werden müssen, um gut gelingen zu können. (Online)Ratgeber, Kurzgeschichten und Kurzromane können helfen die ersten Schritte zu machen, damit ein Manuskript nicht in der Schublade landen muss.

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Gastbeitrag: Schreiben! Aber wo anfangen?

Wer hatte auch schon mal dieses Gefühl? Man verliert sich in der wunderbaren Welt der Bücher, liest fantastische Geschichten und ist überwältigt von den Gefühlen, die sie in einem auslösen. Und dann keimt ein Gedanke auf: „Ich will auch ein Buch schreiben.“

Ihr hattet bestimmt schon mal die ein oder andere Idee, habt euch Notizen gemacht oder vielleicht sogar ein paar Seiten geschrieben. Aber dann schaut ihr auf die Bücher in euren Regalen mit 200-700 Seiten voller Wörter und verzweifelt an der Herkules-Aufgabe, die ich euch selbst auferlegt habt. Gerade dann müsst ihr aber immer dran denken: Jedes dieser Bücher fing an mit einer Idee und einer einzigen Seite.

Zunächst müsst ihr euch klar sein, was für eine Art Schreiberling ihr seid. Ein Planer, wie der Name schon sagt, plant (plottet) seine Geschichte von Anfang bis Ende durch und baut sich damit ein Gerüst, um das er nur noch herum bauen muss. Ein sogenannter Discovery Writer hat ein leeres Dokument vor sich und schreibt einfach drauf los. Eine Mischung aus beidem baut sich einige grobe Stützpfeiler aus Notizen und der Rest entsteht aus dem Nichts. Es gibt viele Schreibratgeber, aber sich blind an einen halten wird nichts nützen, wenn er nicht eurem Stil entspricht.

Dann gilt es, eine Routine aufzubauen. Das ist natürlich leichter gesagt, als getan. Ich habe mal von einem Autor gelesen, der jeden Tag sechs Seiten geschrieben hat, komme was da wolle. Aber wie macht man das, wenn man das Schreiben, seinen Brotjob, Haushalt, Freunde und Familie unter einen Hut bringen will? Sechs Seiten sind für den Anfang eine ganze Menge, deswegen sollte man auch hier klein anfangen. Aus drei Tagen die Woche mit einer halben Seite wird schnell eine Seite pro Tag und so weiter. Ein festes und realistisches Wörterziel bis zu einem gewissen Zeitpunkt kann auch wahre Wunder wirken. Wichtig ist, dass man sich eine feste Zeit aussucht, in der man sich nur dem Schreiben widmet. Im besten Fall in einem stillen Raum ohne Ablenkungen. Schon bald habt ihr eine Routine und das Schreiben ist so alltäglich wie das Mittagessen.

All das kann einen jedoch nicht vor dem größten Feind eines jeden Schreibers schützen: Selbstzweifel. Kann das, was ich schreibe, überhaupt so gut sein, wie das, was andere machen? Diese Leute haben so viele Bücher veröffentlicht und ich bin nur irgendwer, oder?

Und wenn sich diese Gedanken weiter steigern nennt man das „Imposter Syndrom“. Zu glauben, man kann sich selbst nicht „AutorIn“ nennen, denn alle anderen sind die Echten und man selbst ist bloß ein Betrüger, ein Imposter. Aber das ist Schwachsinn. Wen ihr etwas schreibt, seid ihr AutorInnen. Sei es Poesie, Kurzgeschichten, oder ein Roman. Das Veröffentlichen ist bloß der nächste Schritt. Natürlich gibt es auch AutorInnen die nur für sich selbst schreiben und gar nichts veröffentlichen wollen.

Wichtig ist, dass man sich klar macht, dass das Geschriebene nicht sofort perfekt sein muss. Ihr könnt euch darauf einstellen, dass ihr noch viel verbessern, löschen und hinzufügen werdet, bevor ihr wirklich fertig seid. Euren sogenannten „First Draft“ aber zu Papier gebracht zu haben ist eine große Leistung und von da an ist es nicht mehr weit, bis zu einem fertigen Roman und eurer ersten Veröffentlichung. Schon das erste Wort auf einem leeren Manuskript ist ein großer Schritt in Richtung des unbeschreiblichen Gefühls, euer eigenes Buch in Händen zu halten.

Über den Autor: Eli Quinn, geboren am 04.06.1992, begeisterte sich schon früh für erzählte wie niedergeschriebene Geschichten und träumte davon, eines Tages selbst die Massen zu begeistern. Er verfasste bereits kleinere Texte in den Genres Phantastik und Science Fiction, die noch auf ihre Chance warten, veröffentlicht zu werden. Mit seiner Kurzgeschichte „Weltenkeller“ in der Anthologie „Maschinen“ herausgegeben von Martin Witzgall und Felix Woitkowski hatte er sein Autorendebüt.
Mehr zum Autor findet Ihr hier.

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Gastbeitrag: Kunstwürdigung in der Literatur

Kultur ist ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Lebens. Menschen, die keinerlei künstlerische, musikalische oder literarische Vorlieben haben und die nie von diesen beeinflusst wurden, sind schwer vorstellbar, und wenn doch, dann nur mit einem bitteren Beigeschmack. Das bedeutet, dass jede*r Kunstschaffende die eigenen Werke auf einem Unterbau fremder Werke errichtet. Viel zu selten wird diese Gegebenheit in Literatur eingearbeitet. Dabei gibt es viele Argumente dafür.

Charakterisierung

Die Charakterisierung von Figuren kann beispielsweise vertieft werden, wenn man ihnen Kunstwerke beigibt: einen Lieblingssong, ein Lieblingsbuch oder einige Bilder, die sie in ihrer Wohnung aufgehängt haben. So könnte man einen Charakter untermauern. Eine Professorin, die klassische Musik hört, wirkt zunächst nicht viel anders als die gleiche Professorin, deren Musikgeschmack unerwähnt bleibt, es sei denn, sie ist wirklich begeistert davon. Gibt man ihr Goethe zu lesen, wirkt sie altmodischer und konservativer, als wenn sie Brecht liest. Legt man ihr Fifty Shades of Grey auf den Nachttisch, wird es interessant. Es entsteht ein gewisser Widerspruch. Ein Klischee wird gebrochen und die Leserschaft könnte sie sympathischer finden. Größere Widersprüche innerhalb der beigegebenen Kunstwerke könnten als Anzeichen für die Unentschlossenheit einer Figur genutzt werden. Hört jemand erst Mozart, dann Die Ärzte, springt zu Black Metal und danach zu Happy Hardcore, ist er offenbar nicht in der Stimmung für eine bestimmte Musikrichtung, sondern entweder für alle auf einmal oder für gar keine. Innerhalb eines passenden Kontexts verstärkt also die Musikauswahl, wie deutlich der Leserschaft das Innenleben der Figur bewusst wird, und das ohne es beispielsweise durch eine Innensicht direkt zu benennen. Auf der Meta-Ebene könnte man außerdem Parallelen suchen zwischen Werken, die rund um die Figur auftauchen, und der Figur selbst. Dies könnten Charaktereigenschaften der Schöpfer*innen der beigegebenen Werke oder ihrer Figuren sein, Wohnorte oder Verhaltensweisen. Dadurch kann die Geschichte an Tiefe gewinnen, weil eine Interpretationsebene hinzukommt.

Doch nicht nur Figuren kann man durch die Verbauung von Kunstwerken charakterisieren, sondern auch sich selbst. Zieht man Parallelen zwischen sich und literarischen Vorläufern? Möchte man sich auf diese Weise ins eigene Werk einschleichen? In dem Fall werden vermutlich Dinge gewählt, die der/dem Schreibenden gefallen. Das führt direkt zum Punkt der Förderung anderer. Kunst, die man liebt, möchte man mit der Welt teilen. Eine Verarbeitung in einer Geschichte wäre eine passende Würdigung und eine unaufdringliche Werbung. Warum sollte man nur klassische und bekannte Werke wählen? Legt den Figuren Selfpublisherbücher in die Hand! Nachteil davon wäre allerdings, dass die Figurencharakterisierung durch den geringeren Bekanntheitsgrad schlechter unterstützt würde. Eine Kombination vielleicht? Die Figur geht ihr Bücherregal ab, liest mehrere Titel (unter anderem von unbekannten Autor*innen) und entscheidet sich dann für ein bekanntes Buch, das den Charakter unterstreicht.

Wer gerne experimentell schreibt, könnte eigene Werke auftauchen lassen, um einen Ideenkreis zu schließen oder Selbstironie einzubauen. Eure Figuren müssen eure bisherigen Bücher nicht mögen. Fans oder Literaturkritiker*innen könnte man damit ein Lachen aufzwingen.

Foreshadowing

Ein weiterer Nutzen der Erwähnung fremder Kunstwerke könnte das sogenannte Foreshadowing sein. Man deutet unauffällig das Ende der Geschichte an und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem die Verbindung noch nicht hergestellt werden kann. Vielleicht läuft anfangs ein Song von Joy Division und am Ende erhängt sich eine Figur. (Anmerkung: Ian Curtis, Sänger von Joy Division, hat sich mit 23 erhängt.) Dieses Beispiel zeigt eine sehr vage Verbindung, aber man kann es nach Belieben deutlicher gestalten. Wird das Foreshadowing richtig angewendet, entsteht ein Gefühl von Schicksalhaftigkeit und im besten Fall ein Aha-Effekt im Nachhinein. Wieder gewönne die Geschichte an Tiefe.

Bildungsauftrag

Es gibt noch einen ganz anderen Grund, um Kunst zu verbauen. Über den kann man allerdings streiten. Haben Kunstschaffende einen Bildungsauftrag gegenüber dem Publikum? Sieht man es so, kann man der Leserschaft Bildung einflößen, ohne dass sie es merkt. Hier muss man gut aufpassen, dass der Plot nicht gestört wird und die Geschichte nicht zu einem langweiligen Vortrag verkommt. Daher gehe ich lieber direkt weiter.

Atmosphäre

Malerei eignet sich besonders gut, um einem Raum Atmosphäre zu geben. Die Beschreibung eines dunklen Porträts in einem alten Schloss unterstützt eine gruselige Stimmung, sofern sie gelungen ist. Sollte es für die Geschichte nicht notwendig sein, dass eine bestimmte Figur (beispielsweise der Graf, der das Schloss bewohnt, oder ein Vorfahr) dargestellt wird, stünde doch nichts im Wege, ein bestehendes Bild zu verwenden. Auch hier gelten die gleichen Argumente wie oben.

Was ist zu beachten?

Es gibt aber auch einiges zu beachten, wenn man existierende Bilder, Musik oder Bücher ins eigene Werk einbauen möchte. Man sollte aufpassen, dass man nicht zu dick aufträgt. Wissen kann nicht vorausgesetzt werden. Eine Charakterisierung sollte beispielsweise nicht zentral auf einem Gesang aus Dantes Comedia fußen und Bilder sollten auch beschrieben werden, wenn man meint, jede*r kenne es. Plustert man sich auf und gibt mit der eigenen Bildung an, verliert man ganz schnell das Interesse des Publikums. Daher: erwähnen und einbauen, aber nicht zur notwendigen Voraussetzung der Story machen!

Ganz wichtig an dieser Stelle ist der Hinweis auf die Urheberrechte. Bilder zu beschreiben und Namen zu nennen, stellt kein Problem dar. Ohne Erlaubnis Literatur oder Songtexte zu zitieren, führt aber schnell zu Schwierigkeiten. Niemand möchte von einem Weltkonzern oder Autorenkolleg*innen verklagt werden. Das Recht, Textstellen zu verwenden, kann bei Verlagen angefragt und erworben werden. Nicht überall geht das, aber einige Verlage sind zuvorkommend. Musikrechte sind allerdings ein ganz anderes Thema und sehr viel komplexer, da die Rechte für einen Song häufig bei mehreren Einzelpersonen und auch noch mehreren Firmen liegen. Insgesamt würde ich auf direkte Zitate verzichten, weil es einerseits sicherer und andererseits meist stilvoller ist.

Manche Genres verbieten die Erwähnung existierender Kunstwerke, da sie in einer anderen Realität angesiedelt sind. Ein Fantasy-Roman, für den eine komplett eigene Welt erfunden wurde, kann ein Justin Bieber Poster im Zimmer der Prinzessin nicht vertragen. In anderen Genres sollte man ebenfalls vorsichtig sein: in Kinder- oder Jugendliteratur könnten die erwähnten Elemente überfordern oder einfach langweilen und stören.

Filme wurden bisher noch gar nicht erwähnt, aber diese aufzunehmen funktioniert natürlich nach den gleichen Prinzipien wie bei allen anderen Kunstwerken. Auch das Thema der versteckten Hommage sollte wenigstens angeschnitten werden. Umberto Eco nannte den blinden Bibliothekar in Il nome della rosa Jorge als Hommage an den Schriftsteller Jorge Luis Borges, der am Ende seines Lebens erblindete und dennoch die argentinische Nationalbibliothek leitete. Auch beschäftigte sich Borges in seinem Werk viel mit Labyrinthen, was zum labyrinthischen Aufbau der Klosterbibliothek in Ecos Buch passt. Die Bezüge und Einarbeitungen gehen noch sehr viel weiter, aber als Beispiel sollte das reichen. Man muss Elemente und Ebenen geschickt verweben können, um Derartiges zu schaffen. Einer durchschnittlichen Leserschaft, die sich für die Unterhaltung beim Lesen und nicht für tiefergehende Interpretation interessiert, sind solche Details kein Gewinn (aber auch kein Verlust). Sie zeigen jedoch die Tiefe der Geschichte, die enorme Arbeit, die in die Entstehung gesteckt wurde, und was man alles finden kann, wenn man sich die Zeit nimmt, um über Kunst nachzudenken.

Welche Kunstform und welche Kunstwerke letztendlich am besten in eine Geschichte passen, muss jede*r Autor*in selbst entscheiden. Bilder eignen sich gut, da sie relativ leicht beschrieben werden können, während dies bei Musik mehr Geschick erfordert. Vermutlich kann man die Lesenden am besten abholen, wo sie sich bereits befinden: in der Literatur. Wenn man eines über Leser*innen weiß, dann ist es, dass sie lesen. Bezüge zu anderen Werken der Literatur erscheinen als die offensichtlichste Wahl, aber die Künste sind vielfältig und die Auswahl ist endlos.

Über den Autor: Matthias Thurau ist Autor („Sorck: Ein Reiseroman“, „Alte Milch: Gedichte“), Blogger (papierkrieg.blog) und Mitglied der Autorengruppe Nikas Erben.

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Gastbeitrag: Positives Schreiben – Gezielt die Stimmung manipulieren

Was ist positives Schreiben?

Positives Schreiben – das klingt nicht nach etwas, das für düstere Werke gedacht ist. So etwas brauchen wohl eher die Schöpfer*innen fluffiger Romanzen oder leichter Komödien.
Richtig?
Falsch.
Positives Schreiben meint nicht, den Inhalt positiv zu gestalten, sondern genau die Stimmung zu Papier zu bringen, die man erzielen möchte – indem man auf Verneinungen verzichtet.
Natürlich ist es unmöglich, völlig ohne Verneinungen auszukommen. Aber es ist möglich, sie gezielt zu reduzieren. Und, mit etwas Übung, sogar, sie gezielt einzusetzen, um das Lesegefühl zu manipulieren.

Woher kommt positives Schreiben?

Der Ansatz kommt eigentlich aus der Medizin. Speziell Menschen, die sich mit Angststörungen oder Panikattacken auseinandersetzen müssen, haben eventuell schon davon gehört. Der simple Hintergrund:
Unser Angstzentrum ist unfähig, Verneinungen zu verarbeiten.
Das grobe Konstrukt ist recht simpel: Jede Information unserer Umwelt, wird von unserem körpereigenen Angstzentrum, der Amygdala, geprüft. Alles, was wir sehen, hören, riechen, fühlen und schmecken, wird auf Bedrohungen untersucht. Dieser Vorgang sichert unser Überleben, denn so ist es möglich, ohne Verzögerung auf jede Bedrohung zu reagieren.
Damit das schnell genug vonstattengeht, fallen dabei allerdings einige Details unter den Tisch. Unter anderem Verneinungen. Worte wie „nicht“ oder „kein“ rutschen im Angstzentrum zwecks schnellerer Verarbeitung durchs Raster.
Das ist der Grund, warum man jemandem mit einer Panikattacke niemals sagen sollte, dass „nichts passiert“ oder die Situation „nicht gefährlich“ sei. Sagt ihm*ihr lieber es ist „alles in Ordnung“ oder er*sie ist „sicher“.
Dasselbe gilt für eure Leser*innen.

Ein Beispiel für positives Schreiben

Lasst uns einmal ausprobieren, wie sich diese Theorie in der Praxis auswirkt. Betrachten wir diese kurze Szene:
Shirin kniete sich neben Kim auf den Boden. „Es ist nichts passiert“, flüsterte sie. „Keine Sorge, wir sind nicht mehr in Gefahr.“

Und jetzt dieselbe Mini-Szene noch einmal ohne Verneinungen:
Shirin kniete sich neben Kim auf den Boden. „Es ist alles in Ordnung“, flüsterte sie. „Beruhige dich, wir sind sicher.“

Rein inhaltlich ist es zweimal dieselbe Situation. Aber wirkt sie auch gleich?

Mit einem so kurzen Ausschnitt ist der Effekt relativ gering, aber auch hier wird schon klar: Im ersten Fall spürt man beim Lesen eine gewisse Beklemmung, während man beim zweiten eher Erleichterung wahrnimmt. Das hängt mit der Verarbeitung im Angstzentrum zusammen.
In der ersten Fassung verarbeitet unser Unterbewusstsein aus Shirins Redebeitrag in erster Linie die Worte „passiert“, „Sorge“ und „Gefahr“. Diese Begriffe verbinden wir automatisch mit einer potenziellen Bedrohung. Unser Unterbewusstsein begibt sich in Alarmbereitschaft.
In der zweiten Fassung verarbeiten wir „in Ordnung“, „Beruhige dich“ und „sicher“. Diese Begriffe verbindet unser Unterbewusstsein mit Sicherheit und signalisiert dementsprechend Entspannung.

Einsatz von positivem Schreiben im Text

Was kann ich nun damit anfangen?
In erster Linie ist diese Erkenntnis sehr wertvoll, wenn es um das bewusste Erzielen einer bestimmten Wirkung geht. Es verdichtet die Atmosphäre, wenn man gezielt Verneinungen vermeidet und direkt Worte benutzt, welche die Stimmung stützen.
Wichtig hierzu: Die berühmt-berüchtigten Wortfelder, mit denen meine Grundschullehrerin uns regelmäßig bombardiert hat (schon damals zu meiner großen Freude). Als Hilfestellung kann man sich hier Wortfelder zur jeweiligen Stimmung erstellen und darin Adjektive, Substantive und Verben sammeln, die zur Atmosphäre beitragen.
Umgekehrt kann man natürlich auch gemein sein und den Leser gezielt manipulieren.
Wenn wir uns an die kleinen Beispiele erinnern: Die erste Variante mit Verneinungen ist keineswegs um jeden Preis zu vermeiden – im Gegenteil. In einer scheinbar entspannten Situation kann man als Autor*in das Alarmsystem der Leser*innen am Laufen halten. Man hält die Anspannung aufrecht, obwohl die Leser*innen glauben, die Situation habe sich entspannt. Schließlich steht da doch, dass nichts passiert ist, nicht wahr?

Fazit

Halten wir also fest: Unser Angstzentrum hat viel zu tun und arbeitet deshalb nur mit einem groben Raster. Dieses Raster können wir als Autor*innen für uns nutzen. Wichtig hierbei sind Verneinungen wie „nicht“ oder „kein“. Sie fallen durch das Raster und bleiben unverarbeitet.
Entsprechend der verarbeiteten Information reagiert das Unterbewusstsein – auch beim Lesen. Egal, was das Bewusstsein wahrnimmt, die Feinheiten der Stimmung kommen aus dem Unterbewusstsein.
Ich selbst achte seit einiger Zeit gezielt auf verneinungsfreie Formulierungen und ich kann zwei Dinge darüber sagen:
Erstens trägt es tatsächlich zur Stimmung der Geschichte bei. Man kann seine Leser*innen damit gezielt beeinflussen und eine unterschwellige Stimmung unter dem Offensichtlichen erschaffen.

Und zweitens: Es braucht irre viel Übung.
Verneinungen sind einfach und wir machen es uns, auch beim Schreiben, gerne leicht. Es ist eine Frage ständigen Trainings, „nicht“ und „kein“ nach und nach aus dem reflexartigen Vokabular zu streichen und bewusst einzusetzen.

Aber ich stelle auch fest: Selbst wenn es einige Zeit braucht, positives Schreiben lohnt sich. Ich habe das positive Formulieren ursprünglich für meinen Alltag gelernt und es hat mich sehr weit gebracht. Aber auch beim Schreiben macht es einen spürbaren Unterschied.
In diesem Sinne: Ran an die Tasten! Manipuliert die Stimmung!

Viel Spaß!

Über die Autorin: Judith Greis gehört zu jenen Autorinnen, die seit ihrer Kindheit schreiben. Was mit ersten kleinen Lesungen im Stuhlkreis der Grundschule begann, führte bald zu ersten Romanideen und schließlich zur Welt der Fanfiktions, der sie bis heute treu geblieben ist.
Privat lebt die gelernte Bauzeichnerin direkt am Wald. Trotz hitziger Diskussionen mit den benachbarten Bewohnern der Wildnis ist bis heute ungeklärt, ob bei den Besuchen bei ihrem Freund in der Schweiz die Eichhörnchen oder die Gartenschläfer die Herrschaft über den Lieblingsschreibplatz auf dem Balkon übernehmen.
Mehr zu der Autorin findet Ihr hier.