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Rezension: Die Straße – Cormac McCarthy

Eigentlich erfüllt das Buch keines der Kriterien, die ich mir für mein Lesen dieses Jahr vorgenommen habe. Ich musste es für Uni lesen und da ich es schon seit Jahren auf meiner To Read Liste stehen habe und extrem begeistert bin, wollte ich es trotzdem vorstellen.

Titel: Die Straße
Autor: Cormac McCarthy

Genre: dystopische Gegenwartsliteratur
Taschenbuch: 249 Seiten
Verlag: rowohlt

Klappentext

Ein Mann und ein Kind schleppen sich durch ein verbranntes Amerika. Nichts bewegt sich in der zerstörten Landschaft, nur Asche im Wind. Es ist eiskalt, der Schnee grau. Sie haben nur noch ihre Kleider am Leib, einen Einkaufswagen mit der nötigsten Habe – und ein Revolver mit zwei Schuss Munition. Ihr Ziel ist die Küste, obwohl sie nicht wissen, was sie dort erwartet. Ihre Geschichte ist eine düstere Parabel auf das Leben, und sie erzählt von der herzzerreißenden Liebe eines Vaters zu seinem Sohn.

Meine Meinung

Ich glaube, es ist mir noch nie so schwergefallen, die Meinung zu einem Buch zusammenzufassen, wie bei diesem. Ohne Kapitelunterteilungen, Figurennamen, Charakterentwicklungen oder einem übergeordneten Spannungsbogen kommt dieses Buch aus und schafft es gleichzeitig einen in seinen Bann zu ziehen. Die Geschichte des Vaters und des Sohns, die durch eine verbrannte Welt ziehen und versuchen einen Tag nach den anderen zu überleben und dabei kaum etwas besitzen, ist faszinierend und ergreifend. Neben den existenziellen Ängsten, von den die Figuren getrieben werden, beschäftigt sich das Buch viel mit der Vater-Sohn Beziehung, die das einzige ist, was die beiden noch am Leben hält. Es ist eine herzergreifende Geschichte eines aufopferungsvollen Vaters, der alles dafür geben würde, damit sein Sohn einen weiteren Tag überleben kann. Ganz nebenbei wird über schwierige Themen wie Kannibalismus, Tod, Suizid und Mord geredet und durch eine dystopische Brille betrachtet.

Do you wish you would die?
No but I might wish I had died. When you’re alive you’ve always got that ahead of you.

The Road – Cormac McCarthy, S. 169

Normalerweise bewerte ich an diesem Punkt der Rezension die Grundidee, die Handlung, die Charaktere, die Emotionen und den Schreibstil und gebe ihnen 1 bis 5 Sterne, doch bei dieser habe ich mich dagegen entschieden. Die Grundidee ist simple, nicht neu und alles andere als kreativ. Die Handlung ist sehr gradlinig und hält keine spannende Wendungen oder ähnliches bereit. Über die Charaktere erfährt man nicht mal die Namen, es gibt keine äußerlichen Beschreibungen und auch sonst gibt es kaum Angriffspunkt mit ihnen. Die beschriebenen Emotionen sind eigentlich nur Angst und Unsicherheit, die mal mehr oder weniger ergreifend wirken. Der Schreibstil ist sehr schlicht, das meiste wird weggelassen und nur das Wichtigste in kurzen Sätzen und Absätzen erzählt.
Nach diesem Prinzip käme das Buch bei einem Gesamtwert von vielleicht zwei Sternen heraus, doch gerade, dass dieses Buch sich nicht an die Maßstäbe hält, macht es zu etwas besonderen. In seiner Einfachheit öffnen sich unzählige Möglichkeiten, die den Leser an das Buch fesseln. An vielen Stellen musste ich es weglegen, weil ich viel zu ergriffen war, um weiterzulesen. Ich könnte noch Stunden über dieses Buch schwärmen, was eines der besten ist, das ich jemals gelesen habe. Es hält sich nicht mit Unwichtigkeiten (im Vergleich zu den apokalyptischen Geschehnissen) wie Namen, Beschreibungen oder Kapiteln auf, sondern zeigt das von existenziellen Problemen geprägte Leben eines Vaters und Sohns, die einfach nur versuchen zu überleben und sich gegenseitig beschützen.
Ich kann nicht sagen, was mich am meisten an diesem Buch fasziniert hat, denn es ist durch und durch ein fantastisches Werk.

Insgesamt: ★ ★ ★ ★ ★ (5/5)

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Rezension: Die Nebel von London – Aurora Ainsworth

Die Nebel von London ist ein Abenteuerroman mit historischem Setting in London und Steampunk-Elementen.

Titel: Die Nebel von London
Autorin: Aurora Ainsworth

Genre: Steampunk
eBook: 146 Seiten
Verlag: Independently Published

Klappentext

London, 1891. Die 17-jährige Rosalind Elmstone, Tochter des legendären Erfinders Professor Elmstone, hat denkbar wenig Interesse an Tanzbällen und schönen Kleidern. Stattdessen hat sie sich der Erfindung der Blitzmaschine verschrieben, einer höchst angezweifelten Apparatur, die die altbewährten Dampfmaschinen ersetzen soll.
Als sie herausfindet, dass ihr Vater von einer geheimnisvollen Organisation entführt wurde, ist sie fest entschlossen ihn zu befreien. Doch ihre Gegner sind mächtig und bedrohen nicht nur das Leben ihres Vaters, sondern auch das Schicksal des gesamten Empires. Schnell rückt sie selbst ins Visier der Entführer. Und ausgerechnet der arrogante Lord Chamberlain, der noch kurz zuvor ihre Erfindungen verhöhnt hat, ist der Einzige, der ihr helfen kann …

Meine Meinung

Schon über Jahre begleitet mich das Genre Steampunk. Ich liebe die Kombination aus Technik und Historie. So gerne ich es auch lese, so schwer fällt es mir aber auch, gute Steampunk Bücher zu finden. Nur durch Zufall bin ich auf „Die Nebel von London“ gestoßen, doch jetzt zählt es zu einem meiner Jahreshighlights.
Die junge Erfinderin, die statt zu debütieren lieber an ihrer Blitzmaschine arbeitet, war mir von Anfang an sympathisch. Zusammen mit ihrer Chemie-besessenen besten Freundin gibt sie einen der lebhaftesten und nachvollziehbarsten Charaktere ab, mit denen ich mich dieses Jahr beschäftigt habe. Der überhebliche Lord stellt einen gut gelungenen Kontrast dar, der anfänglich die Sicht der Gesellschaft auf die jungen Frauen widerspiegelt.
Im Laufe der Geschichte lernen sich die Erfinderin und der Lord immer besser kennen. Die Charakterentwicklung geschieht nebenbei und ist zwischen den Kabbeleien der beiden Hauptfiguren oftmals kaum wahrnehmbar (wenn man nicht darauf achtet).
Das Buch lebt von eben diesen Kabbeleien und ich musste sehr oft beim Lesen lachen.

„Wir müssen aus dem Fenster springen!“
Castiel kicherte im Delirium.
„Schon wieder? Sind Euch die Türen nicht gut genug?“

„Die Nebel von London“ – Aurora Ainsworth, Kapitel 5

An manchen Stellen hatte ich das Gefühl, dass die Wendepunkte zu vorhersehbar waren und trotzdem kamen sie überraschend und gaben der Geschichte genau an den richtigen Stellen neuen Schwung.
Anders als viele Steampunk-Bücher, die der Historie einen wichtigen Platz einräumen, spielt dieses Buch erst nach dem Tod der Queen Victoria und eröffnet sich – und nutzt – dadurch eine Vielzahl an Möglichkeiten, die andere vergleichbare Bücher nicht haben.
Das einzige, was mir gefehlt hat, war eine abgeschlossene Liebesgeschichte. Die Geschichte an sich ist nicht auf Romace ausgelegt, jedoch habe ich über die Zeit zwei Personen geshippt. Vor allem das Ende hätte eine perfekte Erste-Kuss-Szene abgegeben, doch von Schmetterlingen und Liebesgedusel war weit und breit nichts zu sehen. Es war nicht notwendig, doch ich hätte es mir gewünscht.

Im Überblick

Grundidee: ★ ★ ★ ★ ★ (5/5)
Handlung: ★ ★ ★ ★ ★ (5/5)
Charaktere: ★ ★ ★ ★ ★ (5/5)
Emotionen: ★ ★ ★ ★ ☆ (4/5)
Schreibstil: ★ ★ ★ ★ ★ (5/5)

Insgesamt: ★ ★ ★ ★ ★ (4,8/5)

Fazit

Das Buch „Die Nebel von London“ ist ein sehr gutes Steampunk-Buch mit lebhaften Charakteren, lustigen Szenen und einer Geschichte, die im Kopf bleibt. Es ist eines meiner Jahreshighlights und ich kann es nur empfehlen!
Es ist zwar als ein Einteiler geplant, doch ich hätte nichts gegen weitere 😉

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Rezension: Raven House – Antje Bremer

Ein Vampir, ein Werwolf und eine verlorene Erinnerung – kann das gut gehen…?

Titel: Raven House
Autorin: Antje Bremer

Genre: Fantasy
Taschenbuch: 699 Seiten
Verlag: Amazon

Klappentext

Five ist ein Einzelgänger, der am liebsten in Ruhe gelassen werden will. Doch ausgerechnet Vlad, der Neue in der Klasse, möchte unbedingt sein Freund sein. Vlad ist nervtötend und aufdringlich, aber irgendwie liebenswert – und er ist ein Vampir. Ein Vampir, der seine Erinnerung verloren hat und von Vampirjägern verfolgt wird.
Unfreiwillig wird Five in die Welt der Vampire und Werwölfe hineingezogen und gerät ebenfalls ins Fadenkreuz der Jäger. Er versucht, Vlad zu helfen, seine Erinnerung wiederzufinden, denn irgendetwas Schreckliches muss damals geschehen sein. Ein jahrhundertealtes Verbrechen, das die Vampirjäger um jeden Preis geheim halten wollen – und sie schrecken vor nichts zurück, um Zeugen wie Vlad aus dem Weg zu räumen.
Um das Geheimnis aufzudecken, begeben sich Vlad und Five auf eine gefährliche Spurensuche durch die Vergangenheit. Ihre Recherche führt sie zurück in die Zeit des Zweiten Weltkriegs, ins viktorianische London und zu einem kleinen Zigeunerzirkus im alten Transsilvanien. Doch bei den Nachforschungen kommen ihnen nicht nur die Jäger in die Quere, sondern auch die Polizei und sogar ein internationaler Geheimdienst. In einer Welt voller Feinde müssen die beiden ungleichen Gefährten lernen, was Vertrauen, Freundschaft und Liebe wirklich bedeuten.
Dabei wollte Five doch einfach nur seine Ruhe haben.

Meine Meinung

Raven House ist ein Buch mit Vampiren ohne Glitzer, taffen Werwölfen, Humor, Grusel, Blutgesplatter, ein bisschen Romantik und LGBT-Protagonisten.
Ich bin sonst kein Fan von Vampir- oder Werwolfsgeschichten, doch diese hat mich fasziniert. Nach dem Twilight-Hype ist es schwer eine gute Vampir-Geschichte zu finden, in der nicht der Held glitzernd durch die Welt rennt und die Werwölfe eher gezähmten Kätzchen ähneln.
Vlad und Five sind dreidimensionale Charaktere, mit bewegenden Backstorys, die sich jedoch zu keiner Zeit aufdrängen. Der coolste Charakter ist und bleibt jedoch Aurelia! 😉
Die Charakterentwicklung verläuft langsam, aber dem Erzähltempo angepasst.
Auch wenn die Dicke des Buches erst einmal abschreckend wirkt, lohnt es sich dem eine Chance zu geben. Es wird sich nicht lange mit unnötigen Einführungen aufgehalten, sondern der Leser startet sofort ins Geschehen.
Neben etlichen ausgelassenen und witzigen Szenen gibt es auch einige nachdenklich stimmende, die nebenbei wichtige Themen des Erwachsenwerdens ansprechen, und Kapitel, in denen ich um Five und Vlad gebangt habe.
Unerwartete Wendepunkte haben mich das Buch kaum noch weglegen lassen. Niemand – ob Haupt- oder Nebencharakter – wird mit Seidenhandschuhen angefasst.
Der Ansatz, dass Vampire und Werwölfe langsam in der Gesellschaft ankommen und die Menschen von ihrer Existenz wissen, ist eine erfrischende Abwechslung und vermeidet das lästige sich-immer-verstecken-müssen.
Im Kontrast stehen außerdem Vlads innere Stimme, die teils noch die Norm des 19. Jahrhunderts predigt, während er versucht sich der heutigen Zeit anzupassen. Auch dass Five zu einem Werwolf wird, trägt zu den Konflikten des Dreamcouples bei, jedoch schaffen sie immer wieder aufs Neue sie zu überwinden. Dabei drängt sich die Liebesgeschichte nicht auf und entwickelt sich nur recht langsam, was jedoch zur Geschichte und zu den Charakteren passt.

Im Überblick

Grundidee: ★ ★ ★ ★ ★ (5/5)
Handlung: ★ ★ ★ ★ ★ (5/5)
Charaktere: ★ ★ ★ ★ ★ (5/5)
Emotionen: ★ ★ ★ ★ ★ (5/5)
Schreibstil: ★ ★ ★ ★ ★ (5/5)

Insgesamt: ★ ★ ★ ★ ★ (5/5)

Fazit

Raven House ist ein fantastisches Buch, das in einem ungeheuer guten Schreibstil mich hat mitfiebern lassen. Aber auch wenn Antje vehement behauptet, dass es eine in sich geschlossene Geschichte ist, kann ich den 2. Teil („Raven Heart“) kaum noch erwarten 😀