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Das Wiedersehen – kein #WritingFriday

Ich muss gestehen, dass ich zwischen Urlaub und Uni-Start kaum die Zeit gefunden habe, zu schreiben. Ich brauche immer ein paar Tage, um mich in meinen neuen Stundenplan einzufinden und die freien Zeiten, die sich in dem Plan ergeben, nutzen zu können. Weil ich aber nicht schon wieder den Writing Friday überspringen wollte – ja, auch Kurzgeschichten brauchen eine Idee, Planung und Zeit – dachte ich mir, ich teile mit euch eine Kurzgeschichte, die ich vor einiger Zeit geschrieben. Auch wenn sie relativ kurz ist, hat sie schon unzählige Überarbeitungsdurchgänge hinter sich und erst vor kurzem war ich an dem Punkt, dass ich wirklich zufrieden mit ihr war und bin. Viel Spaß beim Lesen und ab nächster Woche bin ich wieder beim Writing Friday mit dabei! 🙂

Das Wiedersehen

Ich sehe sie schon von Weitem auf mich zukommen. Sie hat sich in all den Jahren verändert und doch sieht sie noch aus wie früher.
Ihre gefärbten roten Haare haben wieder ihren natürlichen Braunton angenommen. Etwas ungeschickt streicht sie sich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und winkt mir zu.
Sie sieht noch aus wie früher. Und doch so anders. Ihre Fingernägel sind jetzt kurz und nicht mehr lackiert. Vermutlich hat sie keine Zeit mehr dafür.
Sie ist älter geworden.
Das war unaufhaltsam gewesen. Sie hat immer gesagt, dass sie nicht älter werden wollte. Doch auch für sie hält die Zeit nicht an.
Mit demselben Lächeln, das sie schon immer hatte, begrüßt sie mich und setzt sich gegenüber von mir an den Tisch.
Ihr Kaffee steht schon dampfend bereit.
Ich weiß, wie sie ihn gerne trinkt. Süß, aber ohne Milch. Sie hat einmal gesagt, dass durch die Milch der bittere Geschmack verloren ginge, den sie so liebt.
Sie trägt keinen Lippenstift mehr.
Auch auf Make-up verzichtet sie jetzt.
Doch ihre Kleidung ist immer noch schwarz.
Nur das sie jetzt ein Kleid trägt. Damals hat sie gesagt, dass sie keine Kleider mag. Doch jetzt sieht man ihr an, dass sie sie liebt.
Hat das etwas mit ihrem Job zu tun? Sie wollte keinen Job haben. Sie wollte unabhängig sein. Was sie jetzt wohl arbeitet?
Oder hat sie all die Spinnereinen Wirklichkeit werden lassen und einen Millionär geheiratet?
Ein kleiner sommerlicher Windstoß fährt ihr durchs Haar und spielt mit ein paar Haarsträhnen.
Früher hat sie das gehasst. Das würde ihre Frisur ruinieren. Heute lässt sie es zu und lächelt dem Wind entgegen.
Wir reden.
Über das Wetter und was aus uns geworden ist.
Aber sie sagt nichts. Sie spricht Worte, aber sie sagen nichts aus.
Dann steht sie auf. Sie verabschiedet sich und geht.
Soll ich ihr hinterhergehen? Vielleicht könnte es doch so werden wie früher.
Ich laufe ihr hinterher. An einer Ampel hole ich sie ein. Ich frage sie, ob wir wieder versuchen wollen, Freunde zu sein. Sie lächelte mich traurig an.
„Es hat sich viel geändert“, sagt sie, „ich trinke meinen Kaffee jetzt mit Milch. Weißt du?“
Ich nicke.
Ich sehe ihr nach, als sie die Straße von mir weggeht. Als ich mich umdrehe, um nach Hause zu gehen, beginnt es zu regnen.

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Er wischte sich das Blut von den Händen und… #WritingFriday

Neuer Monat – neue Schreibaufgaben. Die Übersicht findest du hier.

Dieses Mal habe ich das Thema gewählt: Schreibe eine Geschichte, die mit dem Satz: “Er wischte sich das Blut von den Händen und…” beginnt.

Er wischte sich das Blut von den Händen und schaute in den kleinen Spiegel über dem Waschbecken. Der Geruch des Blutes mischte sich mit dem des Krankenhauses und ergaben eine groteske Mischung, bei dessen Geruch ihm sich immer seine Nackenhaare aufstellten.
Das kalte Licht reflektierte sich in dem Spiegel und ließ das Zimmer noch kleiner und ungemütlicher wirken. Er mochte diese Stille nach der Operation nicht. Wenn er den Raum verließ und das gleichmäßige Piepen des Monitors durch die dicke Tür verschluckt wurde, war die Welt um ihn herum plötzlich still. Solange es der Monitor regelmäßig piepste, war alles gut.
Von weit weg hörte er das Wasser rauschen und streckte seine Hände wieder unter den Strahl, um auch den letzten Rest der zähen roten Flüssigkeit von seinen Händen zu bekommen.
Die letzten Stunden waren anstrengend gewesen und er erkannte sich selbst kaum in dem kleinen Spiegel wieder. Er sah müde aus. Erschöpfter als nach den letzten Operationen. Das war nicht verwunderlich, immerhin hatte er viele Stunden für diesen eigentlich simplen Eingriff gebraucht. Mitten in der Operation hatte er ein Gerinnsel entdeckt und dann war da noch der Assistent, der einfachste Anweisungen nicht ausführen konnte. Statt knapp einer Stunde hatte er den halben Tag im OP verbracht.
Er seufzte. Sein Feierabend war schon vor über zwei Stunden fällig gewesen. Ein wenig kaltes Wasser fand den Weg in sein Gesicht und so war er wenigstens etwas munterer. Trotzdem schauten ihn zwei große müde Augen aus einem eingefallenen Gesicht an. „Langer Tag, hmm?“, fragte er sein Spiegelbild und nickte sich selbst zur Bestätigung zu.
Die Tür neben ihm öffnete sich. Eine der Assistenzärztinnen trat zu ihm in das kleine Zimmer. Sie lächelte ihm nur stumm zu. Sie sah mindestens genauso müde aus wie er.
„Schönen Feierabend“, sagte sie noch matt, als er den Raum verließ. Er nickte nur. Lange hatte er sich nicht mehr so sehr auf sein Bett gefreut.
„Ein Leben gerettet“, murmelte er zu sich selbst, als er zu seinem Auto ging, „das war es wert.“ Ein kleines Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, als er sich an den Grund erinnerte, warum er das tat.


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Über der Welt #WritingFriday

Ich habe mich entschieden, dass ich ab jetzt beim Writing Friday mitmache. Was das bedeutet? Nun ja, jede Woche Freitag wird ab jetzt eine Kurzgeschichte, ein Textschnipsel, ein Gedicht oder ein anderer kreativer Erguss von mir kommen. Die Idee stammt von der Bloggerin Elizzy. Am Anfang jeden Monats veröffentlicht sie eine Liste an den Themen, aus denen sich die Autoren jede Woche eins raussuchen können (zur Liste für September kommt ihr hier).

Für diesen Freitag habe ich mir ausgesucht: Schreibe eine Geschichte und flechte darin folgende Wörter ein: Zaubertrank, entdeckt, Bergkette, verborgen, Sternenhimmel

Mein Blick schweifte über den Horizont. Unter mir waren Meter um Meter Berge und Schnee. Die Luft war kalt und klar. Eine kleine Dampfwolke stieg auf, als ich ausatmete. Sie war fast sofort wieder verschwunden. Meine Hände hatte ich tief in meine Jackentaschen gesteckt und trotz der extra dicken Handschuhe waren sie kühl. Ich stand einfach nur da und schaute über die Bergkette, die in einiger Entfernung mir gegenüber stand. Ich musste lächeln. Das war der schönste Anblick, der sich mir jemals gezeigt hatte. Ich war froh, dass ich diese Stelle entdeckt hatte. Hier oben blieb die Zeit stehen und ich konnte endlich wieder atmen.

Ich nahm einen weiteren Atemzug. Lange hatte ich nicht mehr jeden Atemzug gespürt und ihn bewusst wahrgenommen. Ich schloss die Augen und versuchte das Bild, was sich noch vor wenigen Sekunden mir geboten hatte, hervorzurufen. Ich blinzelte und korrigierte das Bild vor meinem inneren Auge. Diesen Anblick wollte ich überall mit hinnehmen.

Erst als die Sonne sich vorsichtig von mir wegschob und mit ihrem langsamen Verschwinden die Nacht ankündigte, kehrte ich wieder um. Nicht weit entfernt hatte ich mein Nachtlager aufgeschlagen. Lange hatte ich nicht mehr in einem Zelt und in einem Schlafsack geschlafen. Hier oben weit über der Welt und dem Trubel der Zeit hatte ich eine Ausnahme gemacht. Ich öffnete mein Zelt. Es stand in einer breiten Spalte und blieb so vor dem stechenden kalten Wind verborgen.

Mit schnellen Bewegungen zog ich meine dicken Wintersachen aus und war froh, dass ich das extra dicke und wetterfeste Zelt vor Jahren gekauft hatte anstatt dem überteuerten normalen, das mir der Verkäufer hatte andrehen wollen. Mein Schlafsack brauchte kurz, bis er nicht mehr kalt war. Aus meinen Thermoskannen trank ich etwas lauwarmen Tee und Suppe, die ich mir in dem Camp vor einigen Stunden vor meiner Abreise gemacht hatte. Heiß waren sie leider nicht mehr, doch das störte mich nicht. Ich fühlte mich der Natur wieder so nah wie lange nicht mehr.

Ich legte mich auf meine Isomatte und schaute nach oben in den Sternenhimmel. Durch das Zeltdach konnte ich es nur weit weg erahnen, doch es gab ein paar Sterne, die heller leuchteten als andere. Trotz der Schicht zwischen uns konnte ich sie hier besser sehen, als in meiner kleinen Wohnung in der Stadt, in der es nie wirklich dunkel wurde. Doch hier war die Nacht verschlingend dunkel.

Hier brauchte ich keine Meditation, keinen Zaubertrank oder Alkohol um mich glücklich zu fühlen. Hier oben war ich einfach ich und das war in Ordnung.