Ich habe mich entschieden, dass ich ab jetzt beim Writing Friday mitmache. Was das bedeutet? Nun ja, jede Woche Freitag wird ab jetzt eine Kurzgeschichte, ein Textschnipsel, ein Gedicht oder ein anderer kreativer Erguss von mir kommen. Die Idee stammt von der Bloggerin Elizzy. Am Anfang jeden Monats veröffentlicht sie eine Liste an den Themen, aus denen sich die Autoren jede Woche eins raussuchen können (zur Liste für September kommt ihr hier).
Für diesen Freitag habe ich mir ausgesucht: Schreibe eine Geschichte und flechte darin folgende Wörter ein: Zaubertrank, entdeckt, Bergkette, verborgen, Sternenhimmel
Mein Blick schweifte über den Horizont. Unter mir waren Meter um Meter Berge und Schnee. Die Luft war kalt und klar. Eine kleine Dampfwolke stieg auf, als ich ausatmete. Sie war fast sofort wieder verschwunden. Meine Hände hatte ich tief in meine Jackentaschen gesteckt und trotz der extra dicken Handschuhe waren sie kühl. Ich stand einfach nur da und schaute über die Bergkette, die in einiger Entfernung mir gegenüber stand. Ich musste lächeln. Das war der schönste Anblick, der sich mir jemals gezeigt hatte. Ich war froh, dass ich diese Stelle entdeckt hatte. Hier oben blieb die Zeit stehen und ich konnte endlich wieder atmen.
Ich nahm einen weiteren Atemzug. Lange hatte ich nicht mehr jeden Atemzug gespürt und ihn bewusst wahrgenommen. Ich schloss die Augen und versuchte das Bild, was sich noch vor wenigen Sekunden mir geboten hatte, hervorzurufen. Ich blinzelte und korrigierte das Bild vor meinem inneren Auge. Diesen Anblick wollte ich überall mit hinnehmen.
Erst als die Sonne sich vorsichtig von mir wegschob und mit ihrem langsamen Verschwinden die Nacht ankündigte, kehrte ich wieder um. Nicht weit entfernt hatte ich mein Nachtlager aufgeschlagen. Lange hatte ich nicht mehr in einem Zelt und in einem Schlafsack geschlafen. Hier oben weit über der Welt und dem Trubel der Zeit hatte ich eine Ausnahme gemacht. Ich öffnete mein Zelt. Es stand in einer breiten Spalte und blieb so vor dem stechenden kalten Wind verborgen.
Mit schnellen Bewegungen zog ich meine dicken Wintersachen aus und war froh, dass ich das extra dicke und wetterfeste Zelt vor Jahren gekauft hatte anstatt dem überteuerten normalen, das mir der Verkäufer hatte andrehen wollen. Mein Schlafsack brauchte kurz, bis er nicht mehr kalt war. Aus meinen Thermoskannen trank ich etwas lauwarmen Tee und Suppe, die ich mir in dem Camp vor einigen Stunden vor meiner Abreise gemacht hatte. Heiß waren sie leider nicht mehr, doch das störte mich nicht. Ich fühlte mich der Natur wieder so nah wie lange nicht mehr.
Ich legte mich auf meine Isomatte und schaute nach oben in den Sternenhimmel. Durch das Zeltdach konnte ich es nur weit weg erahnen, doch es gab ein paar Sterne, die heller leuchteten als andere. Trotz der Schicht zwischen uns konnte ich sie hier besser sehen, als in meiner kleinen Wohnung in der Stadt, in der es nie wirklich dunkel wurde. Doch hier war die Nacht verschlingend dunkel.
Hier brauchte ich keine Meditation, keinen Zaubertrank oder Alkohol um mich glücklich zu fühlen. Hier oben war ich einfach ich und das war in Ordnung.