Es ist vermutlich kein Geheimnis, dass ich sehr gerne lese. Wenn ich gerade in der Uni sehr viel zu tun habe und mitten in einem Schreibprojekt stecke, greife ich am liebsten auf Liebesromane zurück, weil sie keine komplexen neuen Welten erschaffen, meistens nicht um Leben und Tod gehen und ich in den meisten Fällen nicht aktiv mitdenken muss. Liebesromane werden oft als leichte Kost dargestellt und viele sind es auch. Sie eignen sich super zum Zwischendurchlesen und einfach abschalten, ohne sich großartig eindenken zu müssen. Das ist keines Falls abwertend gemeint, es ist lediglich eine Feststellung und auch wenn es nicht um Leben und Tod geht, sind Liebesromane meistens die Bücher, bei denen ich am emotinalsten bin.
Als Autor für Liebesromane, die in unserer Welt spielen, fallen einige Schwierigkeiten weg, denen sich Fantasyautoren gegenübergestellt sehen. Da ich auch schon den ein oder anderen Liebesroman geschrieben habe und mich ausprobieren konnte, achte ich beim Lesen automatisch mehr darauf. Zum Beispiel fällt das World Building fast komplett weg und auch muss man sich keine Gedanken um das Erstellen einer neuen Gesellschaftsform oder ähnliches machen. Aber genau das ist gleichzeitig eine Erleichterung sowie Erschwernis. Statt dem Vorstellen einer neuen Welt und einer anderen Gesellschaft ist dem Leser vieles schon bekannt und es dreht sich sehr detailliert um die Geschichte und die Personen an sich. Die zwischenmenschlichen Probleme stehen mehr im Fokus, als in anderen Büchern, und es kann passieren, dass sich Figuren über Kapitel nur streiten oder missverstehen. Der Fokus liegt nicht darauf, die Welt zu retten, sondern dass ein Pärchen zusammen kommt oder bleibt. Der Konflikt innerhalb des Buches blickt also auf die Beziehung und auch hier gilt es diesen Konflikt am Ende des Buches aufzulösen.
Vor allem in den letzten Monaten ist mir aufgefallen, dass Autoren diesen Konflikt sehr gerne mit einer Verlobungen (oder Hochzeiten) auflösen. Vor allem in Weihnachtsgeschichten ist dieses Motiv sehr beliebt, doch auch in vielen New Adult-Büchern ist das Pärchen am Ende verlobt oder steuert auf die Hochzeit hin. Entweder wird dieses Motiv immer beliebter oder ich lese aus Zufall immer mehr Bücher, die darauf hinauslaufen.
Dabei sind mir jedoch 2 Dinge aufgefallen, die in erstreckend vielen Büchern zu finden waren, doch mich als Lesern eher gestört haben:
Verlobung als Lösung für alles
Heiraten oder sich verloben ist eine wunderschöne Sache und sich gegenseitig zu versprechen für immer zusammen bleiben zu wollen, ist nicht nur in Büchern total romantisch, doch nicht immer kann das die Auflösung des Konflikts sein. Wenn der Streit oder das Missverständnis eigentlich nicht dadurch gelöst ist, dass die zwei verlobt sind, passt es nicht.
Ich habe vor einer Weile ein Buch gelesen, das ziemlich gut war. Die Geschichte hat mich gepackt und mitfühlen lassen, die Charaktere waren sehr gut designt und hatten eine interessante Backstory, doch die Lösung des Konflikts war die Verlobung. 500 Seiten lang wurden Bindungsängste, Beziehungsunfähigkeiten und Kommunikationsmangel thematisiert und plötzlich sollten alle Probleme durch eine Verlobung verschwunden sein. Das Pärchen hatte sich zu diesem Zeitpunkt mehrfach voneinander getrennt (das eine Mal sogar, weil er ihr einen Antrag machen und sie sich nicht binden wollte) und permanent aneinander vorbeigeredet.
An so einem Punkt ist die Verlobung nicht die Lösung. Es ist ein Schritt, der weiter in eine gute Richtung geht, doch die Misskommunikation, Beziehungsunfähigkeit und die Bindungsängste verschwinden nicht einfach, nur weil man einen Ring am Finger trägt.
Sinnvoller wäre die unromantischere Lösung einer Paartherapie oder auch nur dem gegenseitigen Eingestehen, dass beide Probleme haben und das Bereit-Sein (zusammen) daran zu arbeiten. Die Verlobung war zwar romantisch – ohne Frage – und es war ein nettes Ende, doch die Probleme und die Streitpunkte wurden am Ende nicht aufgelöst, sondern waren nach wie vor immer noch vorhanden und theoretisch noch vertiefter, weil nur 100 Seiten zuvor die Hauptperson sagte, dass sie niemals heiraten wolle.
Verlobungen als Auflösung des Konflikts innerhalb eines Romans funktioniert. Jedoch nur, wenn die Verlobung wirklich die Probleme aus dem Weg räumt. Beispielsweise ein Romeo und Julia Szenario, in der die beiden sich entscheiden am Ende mit ihrer Familie zu brechen und durchzubrennen (nur dass es in der Geschichte klappt und nicht am Ende beide tot sind). Durch das Durchbrennen fällt der Konflikt (die Familie, die gegen die Beziehung ist) weg und bietet die Möglichkeit der gemeinsamen Zukunft. Doch auch hierbei ist die Verlobung bzw. die Hochzeit nicht das Element der Auflösung des Konflikts, sondern das zusammen Weglaufen.
Die falsche Umsetzung der Verlobung
Auch hier möchte ich wieder ein Beispiel heranziehen. Es geht um ein Pärchen, das viele Jahre gegen die äußeren Schwierigkeiten kämpft, die ihre Beziehung mit sich bringt (sie haben einen großen Altersunterschied, die Eltern akzeptieren die Beziehung nicht und es gibt immer wieder Menschen und Dinge, die sich zwischen sie drängen wollen). Im zweiten oder dritten Teil – ich bin mir nicht mehr sicher, ich habe alle vier Bücher innerhalb weniger Wochen gelesen – verlobt sich das Pärchen endlich. Als Leser habe ich sehr lange darauf gewartet und dramaturgisch ergab es Sinn. Es ist nicht die Lösung des Konflikts, sondern der nächste Schritt in ihrer Beziehung, den sie beide gehen wollten. Doch etwas anderes hat mich extrem gestört. Dieses Pärchen, das seit Anfang an am Existenzminimum lebte und es kaum schaffte, die Miete zu bezahlen, ging in einem Luxusrestaurant essen und der Ring war sicherlich mehrere Monatsgehälter wert.
Als ich das gelesen habe, fand ich es süß, dass er lange gespart hat, um ihr diese Verlobung bieten zu können und mir ist klar, dass vermutlich fast jede Frau eine romantische Verlobung will, aber wichtig ist trotz allem, dass die Verlobung zu der Beziehung passt. Ein Pärchen, das kaum Geld hat, kann auch eine romanische Verlobung in den eigenen vier Wänden haben mit Wein, romantischer Musik, einem leckeren selbst gekochten Essen usw. Man muss die Verlobung nicht in einem Luxusrestaurant spielen lassen, damit es romantisch wird. Als Autor von Liebesromanen sollte man in der Lage sein, romantische Situationen ohne größere Schwierigkeiten entstehen zu lassen. Während des gesamten Essens habe ich mich nur gefragt, woher er das Geld hatte und wann er sie endlich fragt. Es gab keinerlei Überraschung bei der Verlobung. Es muss natürlich nicht überraschend kommen, doch in vielen Fällen ist es eine sehr gute Gelegenheit für einen kleinen Plottwist.
Die Verlobung muss zum Pärchen passen. Wenn das Liebespaar Couchpotatos sind, dann erwartet kein Leser, dass sie sich bei einem Fallschirmsprung verloben. Mit diesen Gegensätzen kann ganz bewusst gespielt werden, aber wenn der Leser sich nur fragt, wo das Geld herkommt oder wieso es genau so passieren musste, ist es nicht gelungen.
Hat das Pärchen einen besonderen Ort oder einen Insider kann ganz bewusst damit gespielt werden. Ein Pärchen, das kein Kitsch mag, sollte auch keine kitschige Verlobung haben und ein Pärchen, das auf große Gesten setzt, wird sich nicht an einem langweiligen Samstagabend in einer Werbepause zwischen einem Film fragen, ob sie heiraten wollen.
Es ist wichtig zu wissen, was zu dem Liebespaar passt und welche Umsetzung sinnvoll ist und auch zu den äußeren Umständen passt.
Verlobungen können etwas überaus romantisches und herzergreifendes sein, wenn sie richtig eingesetzt werden. Dabei sollte man nur darauf achten, dass es zu dem Pärchen passt und nicht das Allheilmittel für den Plot ist.